Haushaltsrede unseres finanzpolitischen Sprechers Martin Kirchner zum Haushalt 2022

08.02.2022

Auch wenn der Text lang ist, es lohnt sich, wenn man wissen will, was finanziell so bei uns läuft (natürlich aus unserer Sicht – andere Parteien sehen das naturgemäß anders) ;-)

Haushaltsrede unseres finanzpolitischen Sprechers Martin Kirchner, anlässlich der Verabschiedung des Haushaltes der Gemeinde für das Jahr 2022 am Freitag, den 04.02.2022:

„Sehr geehrter Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

nachdem es im letzten Jahr infolge der Pandemie nicht möglich war eine Haushaltsrede vortragen zu dürfen, freuen wir uns, dies wieder für das neue Haushaltsjahr machen zu dürfen. Insbesondere, da dies meine 1. Rede als finanzpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion in Altenstadt ist.

Auch gibt es uns die Möglichkeit, noch einmal auf das abgelaufene Haushaltsjahr zu blicken, aber auch den Fokus auf die neue Periode zu legen.

Wenn ich rückblickend auf die Haushaltsreden meines Vorgängers Christoph Platen schaue, so muss ich leider feststellen, dass einige seiner angesprochenen Punkte bis heute nicht oder nur zum Teil umgesetzt worden sind. Und da stellt sich die Frage, warum ist das so?

Liegt es daran, dass zu viele Projekte auf einmal durchgeführt werden sollen oder viele Investitionen in ihrem Umfang falsch eingeschätzt worden sind?

Ist die Verwaltung vielleicht personell unterbesetzt und es braucht dringend Entlastung durch neue Kolleginnen und Kollegen?
Muss man sich vielleicht von der gelebten Praxis, alles selbst machen zu müssen verabschieden und bestimmte Dienstleistungen von Anderen erbringen lassen oder im Zusammenschluss mit anderen Kommune Synergien entwickeln?

Ein „weiter so“ ist auf alle Fälle nicht zielführend und wird den immer größer werdenden Anforderungen, die an eine moderne Kommune gerichtet werden, nicht gerecht.

Und dazu gehört vor allem eine gewisse Disziplin bei der Erstellung eines Haushalts. Bei der Erstellung eines Haushalts gilt vor allem der Grundsatz der Haushaltswahrheit und der Haushaltsklarheit. Gemäß dem Öffentlichkeitsgrundsatz sollte es den Bürgern möglich sein, den Haushalt zu kontrollieren und sich ein Bild über die Finanzsituation der Gemeinde zu machen und dies in der heutigen Zeit und jetzt im Besonderen am besten online.

Hätten die Bürger*innen diese Möglichkeiten der Zurückverfolgbarkeit der Haushalte, so würden sie bestimmt auch unsere Einschätzung teilen, dass die angestrebten Investitionen teilweise gar nicht oder mit erheblicher Verzögerung ihre Fertigstellung erreichen. Zu Gute kann man aber halten, dass die Projekte meistens mit den veranschlagten Kosten abgeschlossen werden.

Zur Disziplin, gehört es aber auch, dass man nicht erst Jahre später über außer- und überplanmäßige Ausgaben der vergangenen Haushalte informiert und sich diese dann auch noch rückwirkend vor deren endgültigem Jahresabschluss genehmigen lässt bzw. darüber informiert.

Auch die geübte Praxis, die unserer Meinung nach grenzwertig im Sinne des Haushaltsrechts ist, die Mittelverschiebung von einem Budget, das nicht in einem sachlichen Zusammenhang zu einem anderen Budget steht, zu dessen Ausgleich heranzuziehen, sollte grundlegend überprüft werden.

Meine Damen und Herren, die diesjährigen Haushaltberatungen, die wir an 3 Sitzungen des Haupt- und Finanzausschuss im Januar hielten, könnte man unter das Motto stellen „Wünsch dir was, dann kriegst du das.“ Unserem Ortsansässigen FFH Dummfrager, dessen Radiosender auch dieses Motto nutzt, hätte bestimmt so einiges für seine nächsten Comedy-Beiträge nutzen können.

Für die FDP ist einer der wichtigsten Punkte sparsames Wirtschaften und die Abgaben und Steuern für die Bürger*innen der Gemeinde möglichst gering zu halten.

Weiterhin ist es für uns von größter Bedeutung, die Infrastruktur zu erhalten, aber auch neue zu schaffen. Nur muss hier der Grundsatz gelten, dass auch die Folgekosten dieser Investitionen ausgeglichen werden müssen.

Diesen Grundsatz haben wir leider in den Beratungen vermisst. Der Grund dafür könnte sein, dass durch die enormen aufgehäuften Rücklagen von anfänglichen 5.800.000.-€ im Jahre 2014 auf für die im Haushalt 2022 ausgewiesenen 29.000.000.-€, eine gewisse Leichtigkeit beim Beantragen von Haushaltmitteln bei einigen Parteien eingetreten ist.

Auch die Tatsache, dass man bei dem Verkauf des Geländes an der Frankfurter Straße für einen Supermarkt, ein Ärztezentrum und Wohnbebauung auf Einnahmen von 720.000.-€ verzichtet hat, weil man es nicht an den meistbietenden Investor verkauft hat, ist ein weiteres Indiz dafür, dass man es nicht mehr so ernst nimmt mit dem Wirtschaften.

Hier muss man sich schon die Frage erlauben, ob eine Kommune den Auftrag hat, die Position einer Bank einzunehmen oder ob es nicht sinnvoller ist, das Geld, das sie für die Bürger*innen verwaltet, besser in das Gemeinwohl zu investieren statt Strafzinsen von über 10.000.-€ im laufenden Jahr auszugeben sowie eine Anlagenrichtlinie für das Kapital zu erstellen.

Die größten Beispiele für diese Leichtigkeit des nicht nachhaltigen Geldausgebens sind die Anträge zum Ankauf einer Gewerbefläche für den stolzen Preis von 4.000.000.-€. Laut Aussage des Bürgermeisters hat diese Fläche nur einen für unsere Region üblichen Marktwert von 2.000.000.-€.

Weiterhin sieht ein Antrag vor, im Baugebiet Oberau Süd Teil III, eine Fläche mit Mehrfamilienhäusern in Eigenregie zu bebauen. Dafür möchte man bis 2023 insgesamt 6.000.000.-€ investieren, ohne dabei schon ein Konzept beschlossen oder die Folgekosten bedacht zu haben. Wir fragen uns hier, warum geht man nicht den gleichen Weg wie in Altenstadt beim Projekt Frankfurter Straße und verkauft die Fläche an einen Investor, der mit einem städtebaulichen Vertrag bezahlbaren Wohnraum errichtet? Wir würden hier statt Geld auszugeben sogar durch den Verkauf der Fläche noch Einnahmen erzielen. Mit dem gleichen Resultat, mehr Wohnraum für die Gemeinde.

Wie schon ausgeführt, möchte die FDP mit den zur Verfügung stehenden Mittel sorgfältig umgehen und sie dort einsetzen wo sie einen Nutzen für alle bringt.

Die Liste dafür ist lang. Es gibt große Defizite in der Infrastruktur, wie Straßen, Kitas, Feuerwehrhäuser, Spiel- und Sportplätze, Gemeinschaftseinrichtungen, städtebauliche Entwicklung und Friedhöfe.

Aber auch der Bereich des Personals in der Verwaltung und in der Kinder- und Jugendbetreuung kommt unserer Meinung zu kurz und bedarf einer Aufstockung der Mitarbeiter.

Für die Umsetzung all dieser Mahnahmen braucht es aber Konzepte, Kostenberechnungen, Projekt- und Terminpläne und keine Luftschlösser, für die man einfach mal Millionenbeträge in den Haushalt einstellt.

Die FDP ist auch der Meinung, dass man die Bürger an der guten Finanzentwicklung der Gemeinde teilhaben lassen muss und möchte deshalb die Grundsteuer wieder auf den Hebesatz von 2019 zurückführen. Andere Parteien sehen das anders und begründen dies damit, dass im Gegenzug die Straßenbeiträge abgeschafft worden sind. Wir können das nicht nachvollziehen. Trotz der im Haushalt 2022 aufgeführten Straßensanierungsmaßnahmen beträgt der ausgewiesene Haushaltsüberschuss 4.909.940.-€. Wobei wir jetzt wieder am Anfang der Rede und dem Grundsatz der Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit wären.

Die FDP würde es begrüßen, wenn der eine oder andere Ansatz unserer Vorschläge bei den zukünftigen Beratungen berücksichtig würde. Ziel für uns alle muss es sein, für unsere Gemeinde das beste Ergebnis zu erzielen. Und wenn jeder bereit ist, wie es unter Demokarten üblich sein sollte, einen Konsens der Meinungen herzustellen, dann wird auch das gemeinsame Ziel, die Kommune zu stärken, erreicht werden können.“